Raimunds Buch

Für den 9.April 2016 – fast drei Jahre nach dem Ableben von Raimund Hörburger – war im Schloß Riedegg bei Gallneukirchen eine Präsentation des Buches „Raimund Hörburger: Magie und Wissenschaft. Hexenwesen  in Europa und Afrika“ angesetzt.

Einladung zur Buchpräsentation

Die Anmeldungen waren so zahlreich, dass aus Platzgründen der Veranstaltungsort in den Gemeinderatssaal von Gallneukirchen verlegt werden musste. Die Präsentation und die Lesung aus dem Lebenswerk von Raimund – so charakterisierte Josef Gunz dieses Buch – entwickelte sich zu einem Treffen von alten Freunde und afrikainteressierten Personen.

Titelseite des Buches

(Diese Buch kann über den Buchhandel oder direkt beim VEZ bezogen werden.)


Ansprache des VEZ-Vorsitzenden Helmut Nehr:

Geschätzte Damen und Herren!
Liebe Freunde und Freundinnen!
Werte Kollegen und Kolleginnen von Raimund!

Ich darf Sie im Namen des VEZ und von Dr. Josef Gunz, der die Idee zu dieser Veranstaltung hatte, recht herzlich hier in Gallneukirchen willkommen heißen.

Namentlich darf ich Uta Hörburger und die Mitglieder ihrer Familie begrüßen. Es freut mich besonders, dass Du, liebe Uta heute dabei sein kannst.

Mein Dank geht an die Gemeinde Gallneukirchen, die diese Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Ein herzliches Dankeschön an die Musik!

Trauerminute für unsere, vor drei Wochen verstorbene Brigitta Bauchinger, unsere Koordinatorin in Burkina Faso.

Begrüßung durch Mag. Sepp Wall-Strasser

Zu Beginn möchte ich einen kurzen Rückblick zur Entstehungsgeschichte unseres kleinen Vereins geben, an dessen Gründung und Entwicklung Raimund Hörburger maßgeblichen Anteil hatte.

Anfang der 80er Jahre begann Raimund, interessierten Studierenden in Lehrveranstaltungen für Entwicklungssoziologie das Thema Entwicklung mit seinen verschiedenen Facetten näherzubringen. Wie er bald feststellen musste, war der Zulauf überschaubar.

So fasst er nach einiger Zeit den mutigen Entschluss, die Studiosi mit Exkursionen nach Westafrika für diese nicht immer „griffigen“ Inhalte zu begeistern.

Nach einer entsprechenden Vorbereitung reiste er mit den TeilnehmerInnen in das ehemalige Obervolta (heute Burkina Faso), um dort Entwicklungsprojekte kennen zu lernen. Um mit verschiedenen Mitgliedern von dortigen Organisationen zu diskutieren und um diverse Methoden, wie die ländliche Bevölkerung zu mobilisieren ist, mit eigenen Augen mitzuerleben.
Raymond, wie er in Afrika genannt wurde, hatte gute Verbindungen zu einer Vielzahl interessanter und charismatischer Persönlichkeiten.

In weiterer Folge waren Reisen nach Kamerun und wiederum nach Burkina Faso am Programm. Der Kreis an Interessierten erweiterte sich um oberösterreichische Bauern, eine Reihe von Technikern sowie Gewerkschafter. Diese mussten von Raimund nicht lange gebeten werden, um ihre Auffassung von Entwicklung bestätigt zu bekommen oder auch neue Aspekte in ihre bisherigen Vorstellungen aufzunehmen.

Häufig stellte er den Anspruch an die TeilnehmerInnen, nach der Rückkehr ein Projekt zu erarbeiten. Meistens war das eine mehr als zähe Angelegenheit.
So entstanden z.B. eine Broschüre und eine Multimediaschau, über die von der VOEST errichtete Papierfabrik Cellucam in Kamerun.

Einige Diplomarbeiten wurden verfasst, die ländliche Genossenschaften oder Handwerkergruppen zum Inhalt hatten. Und auch eine umfassende Aufarbeitung der Themen Unterentwicklung und Selbsthilfe in Burkina Faso im Rahmen eines Buchprojekts wurde durchgeführt. Alles in allem durchaus herzeigbare Ergebnisse dieser Nord-Südkontakte.

Anfang 1988 war es dann endlich soweit. Raimund Hörburger sah sich durch die, bei diesen Reisen entstandenen Kontakte und Beziehungen, einfach verpflichtet, eine größere Verbindlichkeit bei der Zusammenarbeit mit verschiedenen Personen und Gruppen herzustellen.

Durch die Gründung eines Vereines wurde versucht, eine kontinuierliche Arbeitsbasis herzustellen, um die Erwartungen der verschiedenen Gruppen und Personen in Afrika einigermaßen erfüllen zu können.

Zu Beginn stand der Austausch von Erfahrungen von Süd nach Nord bzw. von Nord nach Süd mit Techniktransfer im Vordergrund. Im Laufe der Jahre entwickelte sich unser kleiner Verein zu einem Partner, der dörfliche Gemeinschaften und handwerkliche Genossenschaften im Kampf gegen Wasserknappheit und Erosion im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten unterstützte.

In den Anfangsjahren war Raimund der Motor, der uns immer wieder ziehen und schieben musste, um seine Ideen und die an ihn herangetragenen Wünsche in die Tat umzusetzen.

Beispielsweise begann eine Brunnenfinanzierung mit einem Telefonat von Raimund mit mir. „Helmut, wie geht’s? Wie hascht es? Ich hab da einen Brunnen für a Dorf, das sollten wir unterstützen“.

Wenn ich dann vielleicht Einwände hatte oder nicht gleich eine Entscheidung treffen wollte, war seine Antwort: „Tot z’gfürcht is a gstorba“! Oft eine entwaffnende Feststellung, der ich meistens nichts mehr entgegensetzen konnte.
Humanitäre Hilfe für Jugendliche aus Burkina, die schwere Verletzungen oder Erkrankungen hatten, sind aus Raimunds zäher Arbeit gegen Armut und Ungleichheit besonders hervorzuheben.

Durch Kontakte und Verbindungen zu Ärzten wurde diesen jungen Menschen, denen lebenslange Behinderung oder möglicherweise auch der Tod drohte, eine neue Lebensperspektive eröffnet. Sie wurden erfolgreich in Oberösterreich operiert und konnten anschließend eine Schule absolvieren oder sogar ein Studium abschließen.

Um Laufe der Jahre änderte sich unsere Herangehensweise an Projekte. Von einer punktuellen Projektarbeit nach dem Gießkannenprinzip, kam es immer mehr zu einer gezielten, auf wenige inhaltliche bzw. regionale Schwerpunktsetzung sich beschränkende Zusammenarbeit.

Es wurden Projektvorschläge der Partner bei uns eingereicht, von uns auf Sinnhaftigkeit und Machbarkeit geprüft. Auch die Finanzierungsmöglichkeiten wurden analysiert und häufig bei öffentlichen Stellen und auch verschiedenen Organisationen um Unterstützung angesucht. Sehr oft waren diese Bemühungen erfolgreich.

In den letzten Jahren kam es nicht selten zu gegensätzlichen Standpunkten bei inhaltlichen Fragen, die in einem teilweisen Rückzug von Raimund gipfelten. Es gab jedoch immer wieder Bemühungen, Übereinstimmung in der Zielsetzung zu finden und sich wieder zusammen zu raufen.

Bei dieser Gelegenheiten möchte ich die für mich so bereichernden VEZ-Ausflüge ins Burgenland und nach Südkärnten erwähnen, die uns einen Einblick in die Situation von Minderheiten in Österreichs Gegenwart ermöglicht haben. Wie häufig, hatte Raimund seine guten Kontakte zu spannenden Begegnungen mit Personen genützt und wir konnten viele wertvolle Erfahrungen sammeln.

Als Überleitung zur heutigen Buchpräsentation kann ich nicht verschweigen, dass wir immer wieder von Raimund mit der Theorie der Verhexung und ihrer Bedeutung im Rahmen unserer Arbeit konfrontiert wurden. Er forderte von uns eine intensivere Auseinandersetzung damit.

Aber in dieser Hinsicht waren wir einfach „fule Hunde“ und wir machten uns nicht die Mühe, die von ihm vorgeschlagenen Texte zu exzerpieren, um anschließend darüber diskutieren zu können.

Vielleicht ist das gerade die Ironie, dass uns dieses Thema heute hier zusammenführt und ihr so zahlreich unserem Aufruf gefolgt seid.


Worte von Josef Gunz, der aus dem Manuskript von Raimund das fertige Buch machte:

Magie und Wissenschaft
Hexenwesen in Europa und Afrika

Zur Entstehung des Buchs – ein paar Anmerkungen

Alle, die dem Raimund nahestanden, wussten davon, dass Raimund seit Jahren eine umfangreiche Schrift zu verfassen im Begriffe war.

Wir wussten aber auch davon, mit welchen Vorbehalten und Schwierigkeiten er dabei zu kämpfen hatte.

Um das Jahr 2012 hat er bei gemeinsamen Gesprächen durchblicken lassen, dass seine Niederschrift schon weit fortgeschritten sei. Es wäre jetzt an der Zeit, dass jemand anderer Korrektur zu lesen begänne.  

Seine Bereitschaft allerdings, das Manuscript aus den Händen zu geben, hielt sich in Grenzen!

Über Monate. Bis er schließlich doch damit herausrückte und mich damit betraute.

Was mir in die Hand gegeben wurde, war allerdings kein kompaktes Manus, sondern stoßweise einzelne Kapitel, maschinengeschrieben, aber auch handgeschrieben.

 Mit diesem Konvolut von Geschriebenem habe ich mich in meine Kammer zurückgezogen und – zugegebenermaßen – mit gesteigertem Interesse zu lesen begonnen.

Meine Rückfragen an Raimund  über so manche Unklarheit  haben Anlass zu weiteren Debatten gegeben.

Raimund wurde nicht müde, wieder neue Ideen und zusätzliche Erkenntnisse einzubringen. Immer enthusiastisch vorgebracht. Kaum Widerspruch duldend.

Nicht selten steigerte sich Raimund bei unseren Treffen in eine plötzlich aufkochende Unzufriedenheit mit dem Geschriebenen.

Da überkam ihn ein Zorn auf seine vermeintliche Unfähigkeit, das Erlebte und  das Erfahrene überhaupt in Worte zu fassen oder das Ungeheuerliche, was er in Afrika erlebt hatte, in streng gefügte Sätze zu schmieden.

Nicht nur das! Sein offen gezeigter Frust über das bereits Geschriebene vermochte er noch zu steigern, wenn er darüber sinnierte, was er unbedingt noch zu Papier zu bringen beabsichtigte.

Längere Spitalsaufenthalte Raimunds haben eine umfassende Überarbeitung des Manuskripts vereitelt. Aber nicht seine ständige Reflexion über das bereits Geschriebene. Deutlich war sein unbändiger Wille zu verspüren, alle anstehenden Überlegungen zu ordnen und mit gebotener Klarheit zu Papier zu bringen.

Die einzelnen Kapital dieses Buchs beginnen mit einem geistesgeschichtlichen Querschnitt über die enge Verbindung von Religion und Magie in Europa.

Es lag aber nicht in der Absicht Raimunds, Parallelen zwischen der europäischen und afrikanischen Situation ausfindig zu machen. Vielmehr versuchte er, die Kolonialgeschichte Afrikas mit dem ständig wiederauflebenden Hexenzauber in Afrika in Verbindung zu bringen.

Dieses Aufeinanderprallen der afrikanischen mit der europäischen Kultur erzeugt nach wie vor Sprünge und Risse.

Es war ein zentrales Anliegen Raimunds, in seiner Abhandlung diese Konflikte aufzudecken und an Beispielen zu erklären.

(Im Anschluss daran eine Leseprobe: absatzweise von S. 11 -18)


Helmut Nehr, Josef Gunz und Heinz Wasserbauer

Helmut Nehr, Josef Gunz und Heinz Wasserbauer
Musikalische Untermalung durch die Gruppe, in der Raimund Mitglied war

Musikalische Untermalung durch die Gruppe, in der Raimund Mitglied war

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